Musik-Tips

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10.07.2018
I´LL BE DAMNED
Road To Disorder

Wir alle sind verdammt. Es hat nur noch nicht jeder kapiert. Die Welt tanzt längst am Rande des Abgrunds, stets mit einem Bein über dem Rand. Dass das kein Grund für blinde Panik ist, beweist die Band I‘ll Be Damned, spätestens jetzt Dänemarks größte Rock-Hoffnung seit Volbeat, auch mit ihrem zweiten Album „Road To Disorder“. Wenn wir schon untergehen müssen, dann doch bitte tanzend, trinkend und mit Stil. Denn dass wir untergehen müssen, steht für die Band außer Frage. Das zeigt nicht zuletzt auch der pessimistische Albumtitel. „Der richtet sich an all diese Wirtschaftswachstums-Besessenen“, so Sänger Stig. „Während wir alle reicher und fetter werden, stirbt die Erde mit jedem Tag mehr.“


Düstere Themen, verpackt in explosive Musik, diese Mischung deutete sich schon letztes Jahr auf der selbstbetitelten Debütsensation der jungen Bande an. Den Kopf in den Sand steckt bei I‘ll Be Damned aber niemand – auch wenn der eine oder andere Song deutlich düsterer und doomiger anrollt. „Wir sehen es nicht ein, das alles allzu ernst zu nehmen, wenn wir eh in Kürze wieder zu Staub zerfallen“, betont Stig und strahlt dabei! „Wir brauchen mehr Spaß, mehr Freude und mehr Glück in unseren Leben. Scheiß doch drauf, eigentlich sind wir längst tot!“


Wenn das mal kein gesunder Fatalismus ist. Dennoch will er mit seiner Band die verbleibenden Dekaden in der Sonne nutzen, um möglichst viel zu erleben. „Auch wir wollen das Übliche: Erleuchtung, Spaß, Wut, Partys und die Reichen auf den Scheiterhaufen!“, verkündet er schmunzelnd. Humor, er spielt eine verdammt wichtige Rolle in der Philosophie von I‘ll Be Damned. Eine Spaßband sind die Dänen dennoch nicht. Dafür haben sie für ihr verdammtes Baby allein in den letzten 18 Monaten zu viel gegeben. „Klingt cheesy, ich weiß, aber unsere ersten Shows in Deutschland waren einfach der Wahnsinn. Wir wollten gar nicht mehr heim!“ Haben sie dann auch nicht allzu oft gemacht und mit Dizzy Mizzy Lizzy gleich mal eine der größten dänischen Rockbands der letzten Jahrzehnte auf deren Deutschland-Tournee begleitet. Spätestens jetzt weiß man auch hier, weshalb die Dänen als eine der besten Live-Bands des Landes gelten.


Der Rest des letzten Jahres ging für „Road To Disorder“ drauf. Und das hört man. Schon klar, jede Band sagt von sich, auf dem neuen Album abwechslungsreicher, gereifter und besser geworden zu sein. I‘ll Be Damned lassen aber einfach die Musik sprechen. Und die zeigt, dass man aus Metal, Punk, Doom, Stoner, Rock‘n‘Roll und Blues etwas verdammt Mitreißendes schmieden kann. „Wir lieben Musik viel zu sehr, um uns auf ein Genre zu limitieren“, so Stig. „Am Ende waren aber selbst wir überrascht von der Vielschichtigkeit.“ Das passiert eben, wenn man das Steuer loslässt und einfach durch die Welt trudelt, wie Kurt Tucholsky mal gesagt hat.


„Road To Disorder“ hat einfach alles, was ein großes zweites Album braucht. Eier, Wumms, Hymnen und breitbeinige Coolness. Wenn das erste Album schon heiß war, dann bringt dieses hier Metall zum Schmelzen! „Wir haben sehr viel Zeit und Kraft in dieses Album gesteckt, um genau das zu erreichen“, nickt der Frontmann mit der Brille. „Die Sache mit einem zweiten Album ist ja, dass sie im Vergleich zum Debüt in einem deutlich verkürzten Zeitraum entstehen.“ Nur gut, dass sich die Band letzten Sommer in ein Ferienhaus mitten im Nirgendwo zurückzog, um an den Songs zu arbeiten. „Und zwischendrin ein bisschen stoned zu sein“, schmunzelt Stig. Es hat sich gelohnt.


Exemplarisch lässt sich das am Opener „Stephen Hawking Talking“ nachvollziehen, einem furiosen Uptempo-Rocker. „Der ist in letzter Sekunde fertig geworden und war eigentlich gar nicht geplant.“ Durchsetzt von Hawking-Sprachsamples, ist die Nummer augenzwinkernde Verbeugung und elementare Philosophie in einem. „Dieser Typ hat uns das Universum erklärt. Ihm ist es zu verdanken, dass wir wissen, wie klein, unbedeutend und dumm wir eigentlich sind.“ Passt zum Rest des Albums: Der massive Doomer „The Entire Universe“ erzählt vom großen Nichts, das uns alle erwartet, „Flag Follows The Money“ von der Illusion, dass Kriege für die Freiheit ausgetragen werden. Bemerkenswert ist auch der lässige Stampfer „You Are The Young“, in dem die Band der heutigen Jugend kollektiv in den Arsch tritt. Stig dazu: „Diese Hipster kümmern sich nur noch um ihre Selbstdarstellung und ihre Fahrräder, anstatt auf die Straße zu gehen und eine Revolution anzuzetteln!“ Was soll man sagen: Den richtigen Soundtrack hätten die Kids jetzt dazu.

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